Digitalisierung der Schreinerausbildung? So geht's!
Die Digitalisierung der Schreinerausbildung - die Schreiner-Innung München geht einen innovativen Weg und ergänzt die Schreinerausbildung mit digitalen Lehrinhalten. Die Schreiner-Innung München ist die größte und eine der ältesten Innungen im bayerischen Schreinerhandwerk. Hier wird gehobelt, gehämmert und gesägt. Aber vor allem wird hier eines gemacht: LERNEN!
Zünfte sind Bildungseinrichtungen und Wissensspeicher. Sie enthalten das gesammelte theoretische und praktische Wissen des Handwerks, das seit Jahrhunderten gepflegt wird. Die moderne Innung, die auf die Innung des frühen Mittelalters zurückgeht, bildet Lehrlinge im Tischlerhandwerk aus. Handwerksmeister werden zu Lehrern, die den angehenden Handwerkern das Zimmererhandwerk vermitteln.
In Kooperation mit craftguide will die Schreiner-Innung München diese Ausbildung digital ergänzen. Doch wie lässt sich die handwerkliche Ausbildung, die durch die Arbeit mit Materialien wie Holz, Glas, Metall, Stein und verschiedenen Kunststoffen geprägt ist, digitalisieren?
Das ist ganz einfach: Über eine Kopfkamera filmen Tischlermeister aus der Ich-Perspektive die Lehrinhalte, die den Lehrlingen sonst im Unterricht praktisch vermittelt werden. Die ausgeführten Arbeitsschritte werden erklärt - ähnlich wie in einer realen Unterrichtssituation. Das produzierte Videomaterial wird von craftguide in eine Schritt-für-Schritt-Anleitung übertragen, die den Auszubildenden innerhalb der craftguide-Plattform zur Verfügung steht.
Von Sascha Wein, Schreinermeister und Geschäftsführer der Schreiner-Innung München, erfahren wir, wie die Schreinerausbildung mit craftguide digitalisiert wird, welchen Mehrwert er darin sieht und wie die Zukunft der Schreinerausbildung durch die Kooperation gestaltet wird.
Wie unterstützt craftguide die Digitalisierung der Schreinerausbildung?
Mit craftguide wollen wir zunächst einzelne Lehrinhalte, die in der Ausbildung vermittelt werden, digitalisieren. Über die App wollen wir diese Inhalte dann ergänzend zur Standardausbildung vorstellen.
Wie erreichen die digitalen Inhalte die Auszubildenden?
Sobald weitere digitale Inhalte zur Verfügung stehen, erhalten die Auszubildenden vor ihrem ersten Besuch in unserer Schreinerei ein Willkommenspaket. In diesem erhalten sie Zugang zur App und damit zu den ersten Inhalten. Auf diese Weise werden sie bereits im Vorfeld mit unserem digitalen Konzept vertraut gemacht. Im Rahmen ihrer Ausbildung in der Zimmerer-Innung werden ihnen die Vorteile und die Nutzung der App weiter erläutert.
Welches Ziel verfolgt die Schreinerinnung mit der Digitalisierung ihrer Lehrinhalte?
Das Ziel von Ausbildungseinrichtungen ist es, einer heterogenen Gruppe von Auszubildenden gerecht zu werden. Durch digitale Unterstützung wollen wir Wissensdefizite oder -vorsprünge ausgleichen. Während schwächere Auszubildende persönliche Unterstützung durch die Ausbilder erhalten, haben stärkere Auszubildende die Möglichkeit, sich durch zusätzliche Inhalte zu fördern und sich auch außerhalb der regulären Ausbildung mit zimmermannsmäßigen Inhalten zu beschäftigen. Darüber hinaus können die digitalisierten Inhalte der regulären Ausbildung auch zur Auffrischung des bereits Gelernten genutzt werden. Auf diese Weise kann das reguläre Training in der gesamten Lerngruppe fortgesetzt werden, während einzelne Personen Inhalte, die wiederholt werden müssen, digital nachlernen können. Die Vorbereitung mit Inhalten innerhalb der App kann zu einem größeren Vorwissen bei den Auszubildenden führen, und die gewonnene Zeit kann in die persönliche Betreuung investiert oder für weiterführende Inhalte genutzt werden.
Welche Inhalte sollen digitalisiert werden?
Im ersten Schritt konzentrieren wir uns auf Lehrinhalte, die bereits einen digitalen Charakter haben. Denn auch das Tischlerhandwerk ist in hohem Maße digitalisiert. Der Shaper Origin zum Beispiel ist eine Hightech-Oberfräse, die sich in ihrer Anwendung ideal für die Digitalisierung eignet. Wir digitalisieren aber auch analoge Neben-, Vor- und Nacharbeiten, die im Umgang mit einer komplexen Maschine oft nicht die gewünschte Aufmerksamkeit erhalten. Die Schritt-für-Schritt-Anleitungen sollen zum Beispiel helfen, die analogen Arbeiten im Umgang mit CNC-Maschinen zu erklären und immer zur Hand zu haben.
Welchen Nutzen versprechen Sie sich von der Digitalisierung der Lehrinhalte?
Anpassung der praktischen Ausbildung an die unumkehrbare Allgegenwärtigkeit von Smartphones und Tablets (lacht). Auch die handwerkliche Ausbildung muss verstehen, dass sich die Welt verändert, aber die Aufgabe bleibt die gleiche. Wir vermitteln Wissen und Bildung. Bildung wird weiterhin durch persönliche Interaktion stattfinden, aber digitale Inhalte können Wissensdefizite oder -vorsprünge abdecken und ausgleichen. Craftguide ist eine von vielen Möglichkeiten, die Auszubildenden in ihrer Welt abzuholen. Wir müssen die Arbeit noch innovativer gestalten.
Was schätzen Sie an der Zusammenarbeit mit craftguide?
Es ist vor allem der Pioniergeist, der mit dem Fokus auf die Digitalisierung des Handwerks neue, innovative Wege beschreitet. Das ist es, wo wir das Handwerk der ersten Stunde sein wollten.
Wie soll die Zukunft der Ausbildung in der Schreinerinnung in Zusammenarbeit mit craftguide aussehen?
Persönliche Interaktion zwischen Trainer und Auszubildenden ist unerlässlich. Zeigen, demonstrieren, nachmachen. Dennoch sollte es selbstverständlich sein, das Smartphone vor, während und nach der praktischen Wissensvermittlung zu nutzen, um sich individuell weiterzubilden oder Wissen nachzuholen. Muss ich Wissen nachholen oder habe ich schon alles verstanden und kann mit zusätzlichen Inhalten umgehen? Das sind Fragen, die sich Auszubildende in Zukunft stellen sollten. Es gibt weniger Leerlauf und mehr Zeit für die wesentlichen Aufgaben.
Was sind die nächsten Schritte auf dem Weg zur Digitalisierung?
Ziel ist es, die Digitalisierung von Lehrinhalten zu professionalisieren. Die Inhalte sollen "laufend" während der praktischen Wissensvermittlung und mit wenigen Nachbearbeitungsschritten aufgenommen und in Schritt-für-Schritt-Videos übertragen werden. Wir wollen unsere Inhalte mit anderen Innungen und Bildungszentren teilen und die Digitalisierung des Tischlerhandwerks weiter vorantreiben.
Mit diesen zukunftsweisenden Worten möchten wir uns bei Sascha Wein für seinen Einblick in die Digitalisierung der Schreinerausbildung bedanken. Wir freuen uns darauf, gemeinsam mit der Schreiner-Innung München neue und innovative Wege im Handwerk zu gehen.
Wollen auch Sie die Digitalisierung im Handwerk vorantreiben? Dann klicken Sie hier! Wir unterstützen Sie gerne bei Ihrem Digitalisierungsprojekt.